Eine Zwangsversteigerung hat zwei Gesichter: den ehemaligen Besitzer und den glücklichen Käufer. Bei einer Immobilienzwangsversteigerung können Sie Objekte weit unter Marktwert erwerben. Doch Sie sollten einige rechtliche Vorschriften beachten und sich im Vorfeld über das Prozedere informieren. Ein wichtiger Aspekt ist die Frage, ob bei einer Zwangsversteigerung eine Maklerprovision fällig wird. Unser Ratgeber klärt auf.
Wie kommt es zu einer Zwangsversteigerung?
Eine Immobilienzwangsversteigerung wird in der Regel eingeleitet, wenn ein Immobilienbesitzer seine Rechnungen, bzw. Darlehen, nicht mehr bedienen kann. Dies betrifft alle Immobilienarten, vom Reihenhaus, über Gewerbeimmobilien, bis hin zu Grundstücken. Der Gläubiger, in den meisten Fällen eine Bank, leitet bei ausbleibenden Zahlungen die Zwangsversteigerung ein, um das ausgefallene Darlehen durch den Verkaufserlös zu decken.
Werden Zwangsversteigerungen ausgeschrieben?
Aktuelle Zwangsversteigerungen in Ihrer Umgebung können Sie leicht im Internet finden. Das jeweils zuständige Amtsgericht listet alle aktuellen Versteigerungen im sogenannten Versteigerungskalender. Dort können Sie die Eckdaten der Immobilie einsehen, wie die Art der Immobilie, die Ausstattung, Angaben zur Grundstücks- und Wohnfläche sowie natürlich zum avisierten Preis.
Wie läuft eine Zwangsversteigerung ab?
Das Gericht übernimmt auch das Verfahren. Entsprechend fest geregelt ist der Ablauf einer Immobilienzwangsversteigerung. Grundsätzlich müssen Sie vor der Zwangsversteigerung 10 Prozent des Verkehrswerts als Sicherheit beim Gericht hinterlegen. Dies kann als Verrechnungscheck oder Bank-Bürgschaft erfolgen, nicht jedoch in Bar. Das Verfahren beginnt mit Bekanntmachungen des Rechtspflegers. Er verliest die Grundbucheinträge, nennt die Ansprüche des Gläubigers sowie den amtlichen Verkehrswert der Immobilie. Die wichtigste Aussage trifft der Rechtspfleger zum Schluss: das sogenannte „geringste Gebot“.
Das geringste Gebot
Dabei handelt es sich um das Mindestgebot, das bei der Versteigerung erreicht werden muss. Das geringste Gebot richtet sich nach den Ansprüchen des Gläubigers und beinhaltet zudem die Verfahrenskosten. Offene, öffentlich-rechtliche Belastungen, wie bspw. ausgebliebene Grundsteuer-Zahlungen, werden hier ebenfalls miteingerechnet.
Eine Zwangsversteigerung dauert mindestens 30 Minuten
Im Anschluss an die Bekanntmachungen beginnt die eigentliche Zwangsversteigerung. In einem Zeitraum von mindestens 30 Minuten können Interessenten Ihre Gebote abgeben. Wie aus Auktionen und Versteigerungen bekannt, ist ein Gebot erfolgreich, wenn es vom Rechtspfleger dreimal aufgerufen wird. Sie sollten hier unbedingt beachten, dass Gebote bei einer Immobilienzwangsversteigerung verbindlich sind. Zudem müssen Sie nach einem erfolgreichen Gebot noch die bestehenden Forderungen aus dem geringsten Gebot hinzurechnen, um den tatsächlich zu zahlenden Betrag zu erhalten.
Kein Zuschlag trotz erfolgreichem Gebot?
Haben Sie ein erfolgreiches Gebot abgegeben, gehen Sie in direkte Verhandlungen mit dem Gericht über. Hierbei müssen Sie drei Dinge beachten:
- Erreicht Ihr Gebot weniger als 50 Prozent des Verkehrswerts, inklusive noch offener öffentlich-rechtlicher Belastungen, kommt es zu keinem Zuschlag. Die Immobilie wird in diesem Fall ein zweites Mal zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben.
- Erreicht Ihr Gebot zwischen 50 und 70 Prozent des Verkehrswertes, kann der Gläubiger ein Veto einlegen. Er hat dieses Recht jedoch nur dann, wenn das Gebot seine Ansprüche nicht abdeckt. Auch hier wird die Immobile erneut ausgeschrieben.
- Erreicht Ihr Gebot mindestens 70 Prozent, dürfen Sie sich über den Zuschlag freuen.
Der zweite Versteigerungstermin
Eine Immobilienzwangsversteigerung ist eine gute Gelegenheit, um Objekte deutlich unter Verkehrswert zu erwerben. Im Durchschnitt erreicht der Erlös 66 Prozent des eigentlichen Werts. Noch günstiger kann es werden, wenn Sie einen zweiten Versteigerungstermin besuchen. Dieser kommt zustande, wenn der erste Termin ohne erfolgreiches Gebot endet. Im zweiten Versteigerungstermin fallen die oben erwähnten Grenzen von 50, bzw. 70 Prozent des Verkehrswerts weg. Sie können hier also theoretisch mehr als 50 Prozent beim Immobilienkauf sparen!
Welche Rolle spielt der Makler?
Sie können sich entweder selbst auf die Suche nach Immobilien machen, die zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben sind oder Sie nehmen einen Immobilienmakler in Anspruch. Makler sondieren unablässig den Markt und listen interessante Objekte – darunter zeitweise auch Immobilien, die zwangsversteigert werden. Er kann Ihnen bei der Bewertung und dem Erwerb einer Immobilie helfen, mit Ihnen eine Strategie zum Erwerb des Objekts erstellen oder eine sogenannte „Ausbietungsgarantie“ ausstellen. Hierbei handelt es sich um eine Vertrag zwischen dem Interessenten der Immobilie und dem Gläubiger – in der Regel der Bank. Der Interessent verpflichtet sich, bei der Versteigerung ein Gebot abzugeben.
Die Vorteile der Ausbietungsgarantie
Hieraus ergeben sich Vorteile für beide Seiten: Sie als Interessent können sicher gehen, dass Ihr Gebot – sofern es erfolgreich ist – vom Gläubiger nicht versagt wird. Das bedeutet, dass der Gläubiger auch bei einem Gebot von weniger als 70 Prozent des Verkehrswerts von seinem Vetorecht absieht und Ihnen den Zuschlag erteilt. Der Gläubiger erhält hingegen ein fixes Mindestgebot für seine Immobilie.
Wie sieht es mit der Maklerprovision aus?
Immobilienmakler berechnen für die Ausbietungsgarantie in der Regel 1 Prozent der vereinbarten Gebotshöhe, zzgl. MwSt. Diese wird jedoch vom Gläubiger gezahlt, nicht von Ihnen!
Bei der Maklerprovision sieht es etwas komplizierter aus. Sind Sie durch einen Makler auf eine Immobilie aufmerksam geworden und haben Sie einen Maklervertrag unterschrieben, müssen Sie unter Umständen dennoch keine Maklerprovision zahlen. Da es sich bei einer Zwangsversteigerung um eine besondere Art des Immobilienerwerbs handelt – der Eigentumserwerb kommt nicht aufgrund eines Kaufvertrags, sondern durch einen staatlichen Hoheitsakt zustande –, greifen allgemeine Makler Klauseln, bspw. in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, nicht.
Ein Provisionsanspruch besteht in der Regel nur, wenn eine Individualvereinbarung getroffen wurde. Es muss also eine ausdrückliche Provisionsabsprache außerhalb der allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen werden.
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